Kunst ·Privates ·Tagesnotizen 2017 ·Vogelliebe

Was schön war diese Woche

Schwimmerinnen

Der Morgen, als ich der Morgenstunde das Gold aus dem Mund holte.

Ich war sehr früh auf, zog mich an, und verließ mit Fernglas in der Hand das Haus und lief los.

Der Himmel so blau, wie ein Himmel nur sein kann. Auf den Wiesen, Äckern und auf dem Laub noch Reif von der kalten Nacht. Die Sonne warf ein sanftes Licht über alles und machte sich daran, den Reif zum Verschwinden zu bringen.

Es zog mich an unseren See und in den Wald drumherum. Die Luft war erfüllt von Vogelrufen. Überall aus den Baumwipfeln erschallte pausenloses Gezwitscher. Ich bewegte mich langsam und leise vorwärts. Blieb immer wieder stehen, lauschte, wer da zu hören war und beobachtete, wo Vögel aufflogen oder von Baum zu Baum wechselten.

Es scheint bestimmte Stellen zu geben, die für verschiedene Vogelarten sehr attraktiv sind. Dort halten sie sich mal mehr, mal weniger friedlich miteinander bevorzugt auf. Findet man heraus, wo solche Stellen sind, ist das natürlich toll, denn dort findet man dann fast immer Vögel, die man beobachten kann.

Was mich (innerlich) verrückt macht ist, wenn ich höre, dass sehr viele Vögel da sind, aber ich kann sie partout nicht entdecken oder eben nur einzelne Exemplare. Das wird, vermute und fürchte ich, immer häufiger der Fall sein, denn jetzt sind die Bäume und Sträucher ja noch ohne Laub, d.h. es sind eigentlich ideale Bedingungen, um Vögel zu entdecken. Wenn aber erstmal alles belaubt ist, wird das unter Garantie viel schwieriger.

Eine ganze Weile beobachtet ich die Kleiber, die geschäftig die Äste hinauf und hinab liefen und ihr Frühstück sammelten.

Wenig später freute ich mich, dass es mir gelang einen Buntspecht auszumachen. Auch den beobachtet ich eine ganze Weile bei seinen Geschäften.

Besonders freute ich mich, als ich zwei Singdrosseln entdeckte. Es muss Jahrzehnte her sein, dass ich das letzte Mal Singdrosseln in freier Wildbahn gesehen habe. Ich bilde mir ein, dass sie in meiner Kindheit zahlreicher und »gewöhnlicher« waren, aber inzwischen seltener zu beobachten sind. Zumindest dort, wo ich mich aufgehalten habe. Ich muss allerdings einräumen, dass ich auch nicht bewusst nach ihnen gesucht oder Ausschau gehalten habe. Aber eben, in meiner Kindheit musste man nicht nach ihnen Ausschau halten. Sie waren einfach in großer Zahl da.

Als ich mich schließlich etwas ausgekühlt doch auf den Heimweg machte, ging ich noch bei »meiner« Gimpelbande vorbei, und sah ihnen noch eine Weile beim Frühstück zu.

Schöner kann man einen Tag wohl kaum starten, und das werde ich in der nächsten Zeit sicher noch öfter tun.

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Am sonnigsten Tag dieser Woche, habe ich endlich ein Vorhaben in die Tat umgesetzt, das ich schon lange vor hatte. Zusammen mit der weltbesten WG-Genossin fuhr ich hinüber nach Waren und umwanderte endlich den Feisnecksee.

Der Feisnecksee liegt gleich am südöstlichen Stadtrand von Waren, aber man muß nicht lange laufen und man vergisst vollkommen, dass die Zivilisation nicht weit entfernt ist. Der See gehörte früher zur Stadt, aber inzwischen gehört er zum Müritz Nationalpark.

Es war schlicht großartig!! Noch sind kaum Menschen, aka Kurgäste und (Wander)Touristen dort unterwegs, so dass wir die meiste Zeit ganz allein vor uns hin wanderten. Die Landschaft der See, die Natur, alles großartig.

Natürlich war das Fernglas wieder mit dabei, und es gab viel zu sehen und zu beobachten. Eine ganze Weile beobachtete ich die Wasservögel (Stockenten, Schellenten, Bläßhühner), die sich in großer Zahl an der Burgwallinsel aufhielten. Auf der Burgwallinsel befinden sich noch letzte Reste einer typisch slawischen Inselburg aus dem 7. oder 8. Jahrhundert, ähnlich wie auf der gleichnamigen Burgwallinsel im Teterower See, über die ich schon mal berichtet habe und die sogar von der UNESCO zum »Schützenswerten Kulturgut der Menschheit« erklärt worden ist.

Schön war es, die ersten Kormorane, die ich dieses Jahr gesehen habe, zu beobachten, als sie gerade ihr Gefieder in der Sonne trocknen ließen.

Wenig später dann Kraniche auf einer Wiese und etwas weiter einige Rehe nahe dem Waldrand. Mussten natürlich auch ausgiebig beobachtet werden!

Weiter ging’s und juchheißa! drei Fischadler, die direkt über dem Waldrand und den anschließenden Wiesen kreisten, aber auch immer wieder auf den Baumwipfeln niedergingen.

Als wir uns dann irgendwann auf die andere Uferseite vor«gekämpft« hatten, war es Spätnachmittag. Auf dieser Uferseite gibt es eine hölzerne Beobachtungsplattform und dort ließen wir uns für eine Weile nieder, um das Schauspiel zu beobachen, das uns geboten wurde. Hunderte von Enten und Bläßhühnern aber auch weitere Wasservögel kamen vom See her auf uns zugeschwommen, um für die Nacht in den Buchten zu ruhen. In der schon tiefstehenden Sonne kamen sie alle langsam auf dem See zur Ruhe. Zwischendrin kamen noch mehrere Höckerschwäne eingeflogen, die sich in einiger Entfernung dazugesellten. Ich sah auch mehrere Haubentaucherpaare, von denen eines relativ nah zu uns, mit dem Balztanz beschäftigt war und sich dabei gegenseitig eifrig geeignetes Nestbaumaterial präsentierte.

Irgendwann mussten wir dann aber doch weiter und wanderten wieder los. Da offenbar gerade noch Holz- und Aufräumarbeiten im Wald in Ufernähe stattfinden, war der eigentliche Weg für Wanderer abgesperrt, so dass wir auf den etwas weiter vom See entfernten Radweg ausweichen mussten. Dort entlang lagen die frisch geschlagenen und schon entasteten Baumstämme auf mehrere hundert Metern aufgestapelt. Und die Luft war voll mit dem Geruch frisch geschlagenen Holzes. Ich trat mehrfach an die Holzstapel heran und sog diesen Geruch richtig ein. So sehr mir das Herz für die geschlagenen Bäume blutete, so schön war es, diesen Geruch mal wieder so intensiv in der Nase zu haben.

Zum Abschluß entdeckte ich noch zwei Mittelspechte, was ein schöner Abschluß der Vogelbeobachtung war.

Ziemlich müde gelaufen aber glücklich kamen wir schließlich wieder in Waren und an unserem Auto an.

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Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in einem ornithologischen Fachvortrag. Es ging um Wiesenbrüter, wie den Kiebitz, die Bekassine, Rot- und Grünschenkel, den großen Brachvogel, die Uferschnepfe und den Wachtelkönig.

All diese Arten sind wegen der Einschränkung ihrer Lebensräume hier selten geworden, einige stehen kurz vor dem völligen Verschwinden.

Der Schutz dieser Vögel gestaltet sich mühselig, denn viele haben sich darauf verlegt, auf Äckern zu nisten. Dummerweise genau zu der Zeit, wenn der Landwirt genau diese Äcker bewirtschaften will und muss.

Es gibt Schutzprojekte, bei denen Naturschützer, Biologen und Ornithologen versuchen, herauszufinden, wo diese Vögel sich aufhalten und nisten und dann mit den betroffenen Landwirten reden, um sie zu überzeugen, die Nester mit ihren Fahrzeugen großflächig zu umfahren. Stimmen die Landwirte zu, erhalten sie gestaffelte Entschädigungen, je nachdem welche Jahreszeit es ist und wie groß die Fläche ist, auf der sie z.B. wegen verspäteter Aussaat, geringere Erträge hinnehmen müssen.

Obwohl z.B. Kiebitze gar nicht so kleine Vögel sind, sind die Eier aber ziemlich klein und zudem farblich sehr gut getarnt. Es ist also schon eine echte Kunst, diese Gelege auf einem großen Acker überhaupt zu finden. Man muss schon echtes Herzblut für die Kiebitze (oder die anderen Wiesenbrüter) haben, um wochenlang über solche Gelege zu wachen.

Die Küken der Wiesenbrüter sind in der Regel Nestflüchter, d.h. wenn sie schlüpfen sind sie schon weit entwickelt und werden meist schnell von den Vogeleltern vom Gelege weggeführt in sichere Unterschlupfe. D.h. es kann sein, dass ein Vogelschützer wochenlang so ein Gelege überwacht, und dann eines Tages zum Gelege kommt, und die Küken sind geschlüpft und schon weg, und er bekommt sie nicht mal zu Gesicht.

Hier in Mecklenburg gibt es noch Teile des Landes, die eigentlich gute Voraussetzungen für Wiesenbrüter bieten bzw. wieder bieten könnten und es gibt erste Überlegungen, wie man dafür sorgen könnte, dass diese Vögel sicher leben und brüten können, um sie so vor dem Aussterben zu bewahren. Wie viel davon tatsächlich umgesetzt werden kann, ist wie so oft auch eine Frage des Geldes und in der Hinsicht sieht es nicht sehr gut aus. Es wird spannend, ob es den Biologen, Ornithologen und Vogelschützern die sich gemeinsam für die Wiesenbrüter einsetzen wollen, gelingt hier in der Gegend bessere Voraussetzungen für sie zu schaffen.

Ich habe einige Informationen über die genannten Vogelarten aus dem Vortrag mitgenommen. Außerdem Hinweise, wo hier in der Gegend Ecken sind, wo man mit etwas Glück Wiesenbrüter beobachten kann. Ich hoffe, wenigstens den ein oder anderen davon mal mit eigenen Augen in freier Wildbahn sehen zu können.

Mit Sicherheit war das nicht der letzte ornithologische Fachvortrag den ich besucht habe.

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Diese Woche stieß ich noch auf die Arbeiten und Installationen von Cluca. Besonders gefallen mir die Bilder der Schwimmerinnen (s.o.).

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