Fragmente

Fragmente #11

Am Amazonas lebt ein indigenes Volk, dessen Menschen sich nicht über Dinge aus der Vergangenheit unterhalten, oder über Dinge, die sie nicht selbst erlebt haben. Es soll ein ungewöhnlich glückliches Volk sein. Das berichtet jedenfalls ein Sprachforscher, der lange unter diesem Volk gelebt hat.

Was bliebe von unseren Unterhaltungen übrig, wenn wir nur noch über das reden würden, was aktuell passiert und auch nur das, was wir tatsächlich selbst erleben?

Ich habe mal versucht einen Tag lang darauf zu achten, worüber ich rede, und ob diese Dinge in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft verortet waren, und ob sie tatsächlich mich selbst betrafen bzw. mein unmittelbares eigenes Erleben betrafen.
An einem zweiten Tag, habe ich versucht, das ganze zu wiederholen, diesmal aber nichts zu sagen, wenn nicht beide Kriterien (nur was gerade passiert und nur wenn ich es selbst erlebe) erfüllt waren. Das war ziemlich schwierig, weil es unserer gewöhnlichen Kommunikation völlig entgegenläuft. Aber es ist ein Experiment, das ich durchaus empfehle mal auszuprobieren.

Ich spiele mit dem Gedanken, das mal länger als einen Tag durchzuziehen, und zu schauen, wie sich das auf mich, mein Befinden und meine Umwelt auswirkt. Ich habe den Verdacht, dass das eine Menge Stress aus meinem Leben nehmen würde (und auch aus dem Leben anderer, die ja dann auch nicht via Kommunikation mit vielem »belastet« werden), und ich am Ende auch ungewöhnlich glücklicher sein könnte.