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Aufreger

In den deutschen Bundesländern werden in Kürze rund 15 Tonnen Impfstoff-Dosen des Mittels Pandemrix vernichtet. 34 Millionen Impf-Dosen zum Preis von 303,2 Millionen Euro waren im Zusammenhang mit der Schweinegrippe vor zwei Jahren gekauft worden. Eigentlich sollte sich mindestens jeder 3. Deutsche impfen lassen, doch zum einen fiel die Schweinegrippe längst nicht so schlimm aus, wie erwartet und zum anderen ließen sich nur wenige tatsächlich impfen. Von den insgesamt 34 Millionen erworbenen Impfstoff-Dosen sind 28,7 Millionen übrig geblieben, die nun als Sondermüll vernichtet werden sollen. Damit bleiben die Länder auf Kosten von rund 250 Millionen Euro sitzen. Die Krankenkassen zahlten nämlich nur für Dosen, die auch genutzt wurden. Alle Versuche, den Impfstoff Pandemrix ins Ausland zu verkaufen, sind gescheitert, weil es weltweit keinen Bedarf gab.

Regt sich da eigentlich außer mir sonst noch jemand drüber auf? Was für eine Verschwendung von Steuergeldern! Was hätte man mit dem Geld alles sinnvolles anfangen können?! Natürlich wenn eine Epidemie droht, muss der Staat (zumindest wenn er so organisiert ist wie unserer) angemessen (!) Vorsorge treffen aber mir kam es schon damals so vor, als ob die verantwortlichen Politiker eher Panik geschoben und basierend darauf hektisch agierten, als tatsächlich aufgrund von Fakten und sachlichen Analysen Entscheidungen getroffen haben.

Ich frage mich, wer ist für diese Fehlentscheidungen (und die damit verbundenen Kosten) eigentlich verantwortlich? Wer wird zur Rechenschaft gezogen. Mir kommt es vor, als ob jetzt alles (fast heimlich) in den (Sonder)Müll gekippt wird und gut ist. Schwamm drüber, was soll’s, etc.

Deutschlands Bürger sollen für alles mögliche zahlen. Die eigenen Schulden sollen abgebaut werden (richtig so!), der Rettungsschirm für die EU mitfinanziert werden, wir zahlen immense Kosten auch für die Auslandseinsätze unserer Soldaten in Afghanistan und wo sie sonst noch zum Einsatz kommen, etc. Derweil fehlen z.B. in Kindergärten, Schulen und Universitäten die Gelder für vernünftige Materialien, Einrichtungen etc. Fehlt es in den Ländern und Städten an Geldern, um dringend nötige Investitionen zu machen und und und … können wir es uns echt leisten, dass Steuergelder so verpulvert werden, wie gerade jetzt wieder in Form von Impfdosen?

10 Gedanken zu „Aufreger

  1. Eigentlich müsste die 2009 amitierende Gesundheitsmisterin die Verantwortung übernehmen. Der Haken daran: sie ist längst nicht mehr im Amt.

  2. @ Michael - praktisch! Man muss die Minister alle nur ordentlich »Stühle-rücken« spielen lassen, dann muss niemand mehr für irgendwas Verantwortung übernehmen.

  3. @ creezy - gut aber das Modell »Ein-Parteien-System« finde ich persönlich jetzt auch nicht gerade wesentlich besser, zumal auch da Minister-Stühle-rücken möglich ist.

  4. Zumal einen damals schon der Gedanke beschlich oder zumindest beschleichen konnte, daß mit der Schweinegrippe eine Bedrohungskulisse aufgebaut wurde, welche die Bevölkerung geradezu _gezielt in die Panik und/oder Hysterie treben sollte_ um (wieder einmal) von anderem politischen Versagen abzulenken.
    Ich erinnere mich dran, zu dieser Zeit gründlich und hinreichend viele Modelle recheriert zu haben, die zur Ausbreitung der Pandemie errechnet worden waren, und die waren alle nicht _dermaßen_ bedrohlich, wie sie übermittelt wurden (okay, Berechnungen können falsch sein, dynamische Modellierung _ist_ schwierig, und man traue ohnehin keiner Statistik, die man nicht selber gefäscht hat…).
    Und was das Stühle-Rücken betrifft: da schenken sich die Parteien (egal welche Anzahl oder welcher Coleur) leider gar nix.
    (Wenn ich jetzt spontan an die entsprechenden Figuren denke, kommt mir die Galle hoch…! *schnaub*)
    Hauptsache Minister geblieben, hach, und wenn ich vom einen Thema keine Ahnung habe, bedeutet das doch noch lange nicht, daß ich auch von was anderem nichts verstehe - aber hallo!
    Daher flugs gewechselt das Ressort, Verantung für das politische Desaster los und: avanti dilletanti! *grmpf*

  5. Vor Zorn kaum noch des Schreibens mächtig: »dilettanti«, natürlich.
    (Wer im Glashaus sitzt, gell)

    Aber mich hat’s auch aufgeregt als in der Zeitung gelesen habe, wie erneut munter Millionen in den Sand gesetzt werden.

    Ich traue mich aber jede Wette einzugehen, daß es beim nächsten mal genau so läuft. Anbei gefragt: haben wir jetzt eigentlich einen Aufschwung, einen Abschwung, eine Konjunktur(krise) oder nicht, oder doch oder wie?
    Alle halbe Stunde, so hat man den Eindruck, wird eine neue Sau der diesmal aber wirklich vorläufigen endgültigen Erkenntnis durchs Dorf getrieben - dann schaut man mal, wie so die allgemeine Reaktion drauf ist und schickt das nächste Borstenviech an den Start.

    Waaah, mein Blutdruck! Und das bei dem Wetter *ächz*

    Ich geh jetzt auf den Balkon, Bohnen ernten. »Man muß ja auch an die Landwirtschaft denken!« ;-)

    Viele liebe Grüße!
    Anna

  6. Ehrlich gesagt/geschrieben: ich kann mich darüber nicht mehr aufregen … (ich hab’s kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen), als es vor ein paar Tagen in der Zeitung stand. Ich habe darüber ebenso den Kopf geschüttelt wie über die vielen anderen Fehlentscheidungen, z.B. auf kommunaler Ebene. Da fragt man sich doch manchmal, ob die Verantwortlichen (gibt’s die eigentlich??) noch alle Tassen im Schrank haben oder ob sie unter Gehirnschrumpfung leiden.

    Verantwortlichkeiten festzulegen, das wäre eine der ganz großen Aufgaben in unserem Lande …

    LG, Ingrid

  7. Ich war während der Schweinegrippewelle zwei Wochen England. Und dort fand ich einen viel entspannteren Umgang mit dem Thema. Zunächst einmal wurde nicht so tendenziös und reißerisch berichtet. So war der Tenor der deutschen Presse: Waaah, schon wieder ein Pesttoter! Keiner kann sich retten!
    Und in Großbritannien hieß es: Leider ein weiterer Toter. Wieder, wie bisher bei allen Opfern der Schweinegrippe, einer, dessen Immunsystem schon vorher von einer erheblichen Krankheit geschwächt war.
    Schlimm hat die Schweinegrippe dort zugeschlagen, wo die Schwächung des Immunsystems alltäglich ist - in Slums. Aber gegen Mangelerscheinungen kann man nicht impfen.

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