Mecklenburg-Vorpommern ·Reisen

Unterwegs auf dem Amazonas des Nordens

Die Hansestadt Demin

Letzte Woche habe ich ein besonderes Abenteuer unternommen und erlebt. Ich war eingeladen worden an einer Flußkreuzfahrt teilzuehmen und zwar auf der Peene. Kaum ein Fluß in Deutschland ist noch so naturbelassen und von so viel wilder Natur umgeben. Deshalb trägt die Peene auch den Beinamen »Amazonas des Nordens«.

Peene

Die Fahrt führte über den gesamten schiffbaren Teil der Unterpeene, von Malchin über den Kummerower See (viertgrößte See in Mecklenburg-Vorpommern) bis zur Ostsee und noch ein bisschen weiter über das Stettiner Haff nach Karnin auf Usedom. 96 Flusskilometer durch Niedermoore, Bruchwälder, Flussauen und vorbei an großen Torfstichen.

Peene

Wir starteten in Malchin und fuhren zunächst Richtung Kummerower See, dann ging es über den großen See, vorbei an den Dörfern die seine Ufer säumen bis hinüber nach Verchen und vorbei an Aalbude ging es dann auf der Peene weiter. Wir passierten zwei kleine Dörfer mitten in dieser endlos scheinenden Natur. Diese Dörfchen erreicht man nur, wenn man echte Ortskenntnis hat und weiß, welche Naturwege dorthin führen.

an den Ufern der Peene

Weiter ging es durch die atemberaubende Landschaft und dann erreichten wir Demmin und fuhren am alten Pulverturm vorbei durch die alte Hansestadt.

Demmin

Von dort ging es weiter bis wir das kleine Städtchen Loitz passierten.

Loitz

an den Ufern der Peene

Das Peenetal ist einer der bedeutendsten Vogellebensräume Deutschlands. 156 Vogelarten sind nachgewiesen, 40% davon stehen Roten Liste gefährdeter Arten, 26% davon sind europaweit geschützte Arten. Aber auch viele vom Aussterben bedrohte Libellen-, Schmetterlings- und Nachtfalterarten sind dort heimisch.

Torfstich an der Peene

Unser erste Halt war Alt Plestin, ein herrlich gelegener Wasserwanderrastplatz und ein winziges Dörfchen. Wir warfen Schuhe und Strümpfe von uns und kühlten unsere Beine in der Peene. Doch bald schon ging es wieder zurück auf unser Schiff, die »Hansestadt Demmin«. Das nächste etwas größere Städtchen war Jarmen, dann ging es vorbei an Gützkow mit seinen schönen Peenewiesen.

Peene bei Alt Plestin

Im Peenetal befindet sich eines der größten zusammenhängenden Niedermoorgebiete Mittel- und Westeuropas und uns beeindruckten auch die großen Torfstiche, die mit Wasser vollgelaufen wie große Seen oder Wasserbecken rechts und links vom Fluß liegen und in denen sich die Vogelwelt sammelt. An der Peene sind sowohl Fisch- als auch Seeadler heimisch und zumindest Fischadler haben wir fliegen sehen.

Torfstich an der Peene

Torfstich an der Peene

Bekannt ist das Peenetal auch für seine großen Fischotter- und Biberpopulationen. Noch vor 30 Jahren gab es keinerlei Biber mehr in Mecklenburg-Vorpommern. Dann wurden 30 Biber, die aus dem Elbetal umgesiedelt werden mussten, zwischen Jarmen und Anklam ausgesetzt. Entlang der Peene sind heute wieder ca. 500 Biber heimisch. Wir sahen mehrere Biberburgen entlang der Peene, leider aber keinen Biber. Biber sind ja eher nachtaktive Tiere und daher am ehesten in der Dämmerung zu beobachten. Dafür haben wir aber wenigstens einen Fischotter gesehen.

Torfstich und Weiden an der Peene

Torfstich und Weiden an der Peene

Nächster Halt war dann Stolpe an der Peene, ebenfalls ein malerisch an der Peene gelegenes sehr schönes Dörfchen mit einem weiteren sehr schönen Wasserwanderrastplatz. Wir besichtigten die Ruinen des Klosters Stolpe und sahen uns in dem Dörfchen um.

Stolpe

Kurz vor Anklam, kam dann was die Vogelsichtungen während dieser Fahrt anging, der Höhepunkt. Ich habe noch nie so viele Schwäne auf einem Platz gesehen wie dort. Es müssen Hunderte gewesen sein, dazu Kraniche, Kormorane, Graureiher, Störche, verschiedene Gänse und Enten in großer Anzahl und viele kleinere Wasservögel. Leider habe ich davon keine Fotos, weil ich nur mein iPad mit hatte und somit keine Tele-Funktion. Ihr müsst mir also einfach glauben. :-)

Auch die Fahrt durch die alte Hansestadt Anklam, war recht beeindruckend. Vom Wasser her eröffnen sich nochmal ganz andere Perspektiven auf die alten Hansebauten. Anklam ist übrigens auch der Geburtsort des Luftfahrtpioniers Otto Lilienthal.

Anklam Ansicht von der Peene her

Hafenkran in Anklam

Für uns geöffnete Brücke in Anklam

Von dort aus ging es Richtung Mündung in die Ostsee. Die Peene hat nur ein sehr niedriges Gefälle und wenn der Wind von Nord-Ost kommt, wird das Wasser aus der Ostsee in die Peene gedrückt und zwei Tage zuvor hatte der Wind so gedreht. So mündete die Peene an diesem Tag eigentlich nicht in die Ostsee, stattdesssen kam uns die Strömung von der Ostsee her entgegen.

Die Landschaft entlang der Peene verändert sich im letzten Teil vor der Ostsee noch einmal ganz deutlich. Dort ist die Landschaft von großen Reetflächen geprägt, die sich sanft im Wind wiegen. Früher wurden diese Flächen in der Hauptsache von den örtlichen Peenefischern bewirtschaftet. Im Winter, wenn es nicht viel zu fangen gab, weil z.B. die Peene zugefroren war, ernteten sie das Reet und verdienten sich durch diese harte Arbeit ein Zubrot. Heute gibt es nur noch wenige Fischer, die hier Reet ernten, einfach weil es sich finanziell eigentlich nicht mehr groß lohnt. Länder wie Ungarn und Rumänien bieten ebenfalls qualitativ hochwertiges Reet aber zu einem viel günstigeren Preis, so dass der Absatz des Reets von hier immer schwieriger wird. Obendrein ist die Bewirtschaftung wirklich schwierig und wird durch entsprechende (EU-)Verordnungen und Naturschutzauflagen noch zusätzlich erschwert.

Über das Stettiner Haff ging es hinüber nach Usedom zum kleinen Dorf Karnin. Direkt davor stehen die Überreste der Hubbrücke von Karnin, die heute ein technisches Denkmal ist und einmal die wichtigste Verkehrsanbindung von Usedom an das Festland war.

Hubbrücke Karnin

Alles in allem waren wir fast neun Stunden mit dem Schiff unterwegs, und für mich hat es sich wirklich angefühlt wie aus der Zeit und Zivilisation gefallen zu sein. Es war toll, mal einen Fluß zu sehen und zu erleben, der sich ganz seinem natürlichen Verlauf folgend durch die Landschaft windet bzw. mäandert und wir haben natürlich weite Teile dieser Landschaft und der Naturschutzräume sehen können, die man sonst überhaupt nicht sehen kann, weil dort keine Landwege hineinführen. Das Wetter war an dem Tag strahlend schön und so war es einfach nur rundum beeindruckend und toll. Eine der großartigsten Schifffahrten, die ich bisher in meinem Leben machen durfte.

Segelboot auf der Peene

Peene im abendlichen Licht

18 Gedanken zu „Unterwegs auf dem Amazonas des Nordens

  1. Hach.
    Habe gleich herausgefunden: Es gibt einen Peene-Radweg. Der ist jetzt auf meiner inneren Liste notiert.
    Danke für diese Eindrücke.

    1. Sehr gerne. Soweit ich weiß, deckt der Peene Radweg aber nur den Teil von Malchin bis ungefähr Gützkow ab. Danach sieht es mit Radwegen mangels Geld und desinteressierter Politik leider sehr mau aus. Die Radtour bis Gützkow kann man in 3 Tagen machen, also durchaus auch mal ein Tour-Projekt für zwischendrin (verlängertes Wochenende oder ähnliches). Auf jeden Fall lohnt sich die Tour landschaftlich sehr. Solltest Du die Tour mal in Angriff nehmen, meld Dich!!

      1. Da nehmen An- und Abreise mir schon große Anteile des verlängerten Wochenendes weg:( Ich sollte mir den Norden mal als Reiseziel für änger wählen, mittlerweile möchte ich an so viele Orte mal fahren …

    1. Merci! Auf der Tour hab ich nach langer Zeit mal wieder ein wenig bedauert, »nur« mit der iPad Kamera unterwegs zu sein. Zumal eine Frau mit an Bord war, die voll das Hammerteil mit riesen Tele dabei hatte und eigentlich fast durchgehend fotografiert hat. Deren fotografische Ausbeute hätte ich zu gerne gesehen.

  2. Tolle Eindrücke und beim Weiterlesen sehr sehr gutes Blog.
    Freue mich, dass ich Sie über Wildgans hier gefunden habe.
    Beste Grüße aus der Wortgarage von
    Hermann Josef Schmitz

    1. Haben Sie Dank für den freundlichen Kommentar. Es ist immer schön, wenn sich neue Gäste/Leser hier zu Wort melden und natürlich freut es mich, das gefallen hat, was Sie vorfanden.

      Freundliche Grüße
      Liisa

  3. Die Peene, die war doch auch in der Nähe von Gabrielas Mühle. Ganz klein war sie da noch. Deine Reportage, wie immer, so herrlich!

    1. Ja, ganz genau, die ist immer noch in der Nähe von Gabrielas (ehemaliger) Mühle. Das hast Du richtig in Erinnerung. Übrigens werde ich sie (also Gabriela) höchstwahrscheinlich am kommenden Sonntag sehen.

        1. Umarmung habe ich weitergegeben, wurde freudig entgegen genommen. Blog ist im Werden begriffen, braucht aber noch etwas Zeit.

  4. Moin Liisa, das ist ein schöner Bericht. Wir sind auch gerne dort. Ich kenne dort jeden Zentimeter, vom Wandern, Fahrrad Fahren und paddeln.

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